abgekartetes Spiel auf Kosten der Altaktionäre, zum Schaden des Unternehmens

Private Equity Manager kämpfen mit harten Bandagen. Die trickreiche Übernahme der ehemaligen Hoechst Tochter Celanese durch Blackstone bezeichnete das Manager Magazin als „abgekartetes Spiel, einer Allianz von Geldgebern, Managern und Beratern - auf Kosten der Altaktionäre, zum Schaden des Unternehmens.“ Die Hoechst AG hatte im Rahmen der Fokussierung auf das Pharmageschäft ihre Chemieaktivitäten in einer eigenständigen Gesellschaft gebündelt und diese 1999 unter dem Namen Celanese AG an die Börse gebracht. Die Celanese Aktien wurden in Frankfurt und New York gelistet. Größter Einzelaktionär war die Kuwait Petroleum Corporation, welche als Großaktionär von Hoechst bei der Abspaltung der Celanese von Hoechst etwa 29 Prozent der Aktien bekommen hatte. Anfang 2002 teilte die Kuwait Petroleum Corporation mit, ihre Aktien veräußern zu wollen. Ein von Blackstone verwalteter Fonds mit Sitz auf der Steueroase Cayman Islands zeigte Interesse nicht nur an den von den Kuweitis gehaltenen Aktien, sondern an einer Übernahme des gesamten Unternehmens. Anders als bei Unternehmen im Privatbesitz wurden die Verkaufsverhandlungen nicht mit den Gesellschaftern geführt, sondern mit dem Vorstand der Celanese AG. Mit diesem einigte Blackstone sich auf einen Kaufpreis von 3 Mrd. US-Dollar, oder 32,5 Euro pro Aktie. Der Preis lag damit etwa 25 Prozent unterhalb des Buchwertes der Celanese. Dennoch empfahl der Celanese Vorstand den Celanese Aktionären, das Angebot anzunehmen. 80 Prozent der Aktionäre folgten dieser Empfehlung und verkauften ihre Aktien für 32,5 Euro an Blackstone. Der Celanese Vorstand hatte vor seiner Empfehlung an die Aktionäre, das Blackstone Angebot für 32.5 Euro anzunehmen, kein Gutachten zur Ermittlung des Celanese Wertes eingeholt. Er hatte lediglich bei der Blackstone beratenden Investmentbank Goldman Sachs eine "Fairness Opinion" erbeten, in der diese die Annahme des Blackstone Angebotes von 32,5 Euro empfahl.

 

Blackstone hatte sich vorsorglich um eine Unterstützung durch die Celanese-Führung um den Vorsitzenden Claudio Sonder gekümmert. Die Celanese Manager durften bei der Übernahme kräftig mit kassieren. Die Verträge der Manager enthielten eine "Change of control"-Klausel, die ihnen bei einer Übernahme bis zu vier Jahresgehälter sicherte. Manager, die - wie Sonder - den Konzern nach der Übernahme verließen, konnten dadurch jeder insgesamt mehr als sieben Millionen Euro einstreichen. Noch mehr profitierten Führungskräfte, die im Unternehmen blieben. Sie kassierten fast 14 Millionen US-Dollar in bar und weitere 16,3 Millionen Dollar in Aktien. Allein der Nachfolger Sonders im Vorstandsvorsitz, Andreas Pohlmann, erhielt für das Jahr 2004 fast acht Millionen Dollar. Auch Pohlmann sollte nach erfolgreichem Abschluss der Transaktion aus dem Unternehmen ausscheiden. Nach erfolgreicher Zwangsabfindung der letzten Minderheitsaktionäre schied Pohlmann zum Jahresende 2006 mit einer zusätzlichen Abfindung von 12 Mio. US-Dollar aus dem Unternehmen aus.

 

Blackstone benötigte nach deutschem Recht mindestens 95 Prozent aller Aktien, um noch verbliebene Aktionäre zwangsweise abfinden zu können. Grundlage eines verbesserten Angebotes für die noch ausstehenden Aktien sollte ein von Blackstone bei den Wirtschaftsprüfungsgesellschaften Ernst & Young und Price Waterhouse Coopers (PWC) in Auftrag gegebenes Bewertungsgutachten sein. Diese ermittelten einen Wert von 42 Euro pro Aktie, was in etwa dem Buchwert der Celanese entsprach. Die Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young und PwC waren nicht frei von Interessenkonflikten. Ernst & Young hatte in den Monaten zuvor rund vier Millionen Euro an Beraterhonoraren von Blackstone kassiert, PWC sogar fast neun Millionen. Ein von Aktionären beauftragter Gutachter, der Hamburger Wirtschaftsprüfer Susat & Partner, kam in seinen Berechnungen auf einen Preis von mindestens 65 Euro je Aktie. Zahlreiche Aktionäre versuchten deshalb, auf dem Rechtswege eine Nachbesserung des Kaufpreises zu erwirken, vergeblich. Erfolgreicher war hierbei der Hedgefonds Paulson&Co. Dieser hatte Blackstone’s Zwangslage erkannt, etwa 11 Prozent der Celanese Aktien aufgekauft, weigerte sich, diese an Blackstone zu verkaufen und drohte öffentlichkeitswirksam mit langwierigen Prozessen. Paulson bezifferte den wahren Wert der Aktie auf 72,86 Euro. Nach gleichem Strickmuster profitierte Paulson 2006 bei der Übernahme der Schering AG durch Bayer. Auch Bayer musste sein Initialangebot aufstocken, um alle Schering Aktionäre zum Verkauf ihrer Aktien zu bewegen. Das Vorgehen Paulsons ist für Hedgefonds durchaus üblich. Es wird als „Merger Arbitrage“ bezeichnet. Hedgefonds erwerben eine Minderheitsposition in börsennotierte Firmen, für die ein Bieter ein öffentliches Übernahmeangebot abgegeben hat. Anschließend weigern sie sich, zu verkaufen und treiben den Übernahmepreis mit allen erdenklichen Mitteln in die Höhe. Blackstone war auf die Paulson Aktien angewiesen und zahlte diesem schließlich 53 Euro je Aktie - gegenüber dem den anderen Aktionären gezahlten Preis ein Aufschlag von 63 Prozent. Ende 2006 zahlte die Celanese schließlich die letzten Minderheitsaktionäre aus und beendete im Januar 2007 die Listung an der Frankfurter Börse. Das Börsenengagement in New York war bereits 2004 beendet und die Celanese AG als Tochter in die US-amerikanische Celanese Corporation eingegliedert worden.

 

Mit dem Aktienpaket Paulsons hatte Blackstone bei Celanese freie Verfügungsgewalt gewonnen. Man genehmigte sich noch in 2004 eine Sonderdividende in Höhe von 500 Mio. Dollar. Für die Jahre 2004 und 2005 stellte Blackstone in Summe 110 Mio. Dollar für Beratungen in Rechnung. 2005 brachte Blackstone das Unternehmen unter dem Namen Celanese Corporation erneut an die New Yorker Börse. Durch Verkauf eines Teils seiner Aktien erlöste der Fonds dabei 800 Mio. Dollar. Zusätzlich wurde eine „Management Termination Fee“ über 35 Mio. Dollar in Rechnung gestellt. Im November 2005 und im November 2006 verkaufte Blackstone weitere Tranchen und schließlich im Mai 2007 seine verbliebenen Celanese Aktien. Gesamterlös für diese Aktien: 5,1 Mrd. Dollar.

 

Für den Kauf von Celanese hatte Blackstone nur 650 Mio. Dollar eigenes Geld eingesetzt, der Hauptteil des Kaufpreises von 3 Mrd. Dollar war über Kredite finanziert worden, für die Celanese Zinsen und Tilgung zahlt. Auf diesen Einsatz hat Blackstone innerhalb von 4 Jahren 6,6 Mrd. Dollar zurück erhalten. Der Einsatz wurde mehr als verzehnfacht.