Kredithebel (leverage) erhöhen die Eigenkapitalrendite
An der Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals wird der Erfolg einer realwirtschaftlichen Investition ebenso wie der einer Finanzanlage bewertet. Hedgefonds versuchen, das ihnen anvertraute Kapital der Anleger mit einer höchstmöglichen Eigenkapitalrendite zu vermehren. Der Ersatz von Eigenkapital durch günstiges Fremdkapital bei Investitionen kann die Rendite des eingesetzten Eigenkapitals dramatisch erhöhen. Dieses sei an einem fiktiven Aktienkauf verdeutlicht:
Eine für 100 Euro erworbene Aktie wird nach einem Jahr für 120 Euro wieder verkauft, ergibt also einen ansehnlicher Gewinn von 20 Euro. (Transaktionskosten in Form von Maklercourtage und Depotgebühren werden der Klarheit wegen in dieser Beispielrechnung nicht berücksichtigt.) Ist der Aktienkauf zu 100 Prozent mit eigenem Kapital finanziert worden (Fall 1), errechnet sich eine Eigenkapitalrendite von 20 Prozent.
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Fall 1 |
Fall 2 |
Fall 3 |
Eigenkapital |
100 € |
20 € |
10 € |
Kredit (zu 10% Zinsen) |
0 |
80 € |
90 € |
Eingesetztes Kapital |
100 € |
100 € |
100 € |
Zinsen |
0 |
8 € |
9 € |
Gewinn vor Zinsen |
20 € |
20 € |
20 € |
Gewinn nach Zinsen |
20 € |
12 € |
11 € |
Eigenkapitalrendite |
20% |
60% |
110% |
Im alternativen Fall 2 werden nur 20 Euro eigenes Geld eingesetzt, 80 Euro entstammen einem Kredit, für den 10 Prozent Zinsen zu entrichten sind. Der Rohertrag aus dem Aktiengeschäft ist wiederum 20 Euro. Hiervon abgezogen werden die für den Kredit zu zahlenden Zinsen in Höhe von 8 Euro, verbleibt also ein Reingewinn von 12 Euro. Diese 12 Euro sind erwirtschaftet worden mit einem Einsatz von 20 Euro Eigenkapital. Die Eigenkapitalrendite errechnet sich zu stolzen 60 Prozent, eine Verdreifachung durch Einsatz von Fremdkapital. Wird mit einem Kredithebel von 9 gearbeitet, ergibt sich im angeführten Beispiel (Fall 3) eine Eigenkapitalrendite von 110 Prozent. Auf diesen Effekt setzen Hedgefondsmanager, wenn sie ihre Geschäfte mit einem hohen Einsatz von Krediten tätigen. Entscheidend ist die Differenz zwischen Zinssatz und realisierter Verzinsung auf das eingesetzte Kapital. Die Differenz kommt allein der Eigenkapitalrendite zu Gute.
Hohe Kredithebel wirken aber auch im Falle von Verlusten. Verluste auf das Eigenkapital werden genauso verstärkt wie Gewinne. In welch dramatischem Ausmaß sei an den angeführten Aktienkauf verdeutlicht. Die für 100 Euro gekaufte Aktie werde nach einem Jahr zu 80 Euro verkauft, ein realisierter Verlust von 20 Euro.
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Fall 1 |
Fall 2 |
Fall 3 |
Eigenkapital |
100 € |
20 € |
10 € |
Kredit (zu 10% Zinsen) |
0 |
80 € |
90 € |
Eingesetztes Kapital |
100 € |
100 € |
100 € |
Zinsen |
0 |
8 € |
9 € |
Verlust vor Zinsen |
-20 € |
-20 € |
-20 € |
Verlust nach Zinsen |
-20 € |
-28 € |
-29 € |
Eigenkapitalrendite |
-20% |
-140% |
-290% |
War die Aktie nur mit eigenem Kapital gekauft worden, errechnet sich aus diesem Verlustgeschäft ein Verlust von 20 Prozent des Eigenkapitals. In Fall 2 erhöht sich der Verlust um die auf den Kredit zu zahlenden Zinsen von 8 Euro, ergibt einen Gesamtverlust von 28 Euro auf einen Eigenkapitaleinsatz von 20 Euro, das sind dramatische 140 Prozent, oder eine Versiebenfachung gegenüber dem ausschließlichen Einsatz von Eigenkapital. Bei einem Kredithebel von 9 (Fall 3) steigt der Verlust auf 290 Prozent des eingesetzten Eigenkapitals.
Wie schnell Kredithebel unkontrollierbar werden können, wenn mehrere involvierte Partner mit Krediten arbeiten und nachgelagert investieren, sei an einem weiteren fiktiven Beispiel verdeutlicht:
Ein Anleger legt 1 Million Euro in einen Dachfonds für Hedgefonds ein. Der Dachfonds verdreifacht sein Anlagevolumen in dem er einen Kredit über 2 Millionen aufnimmt. Mit den 3 Millionen beteiligt er sich an einem Hedgefonds. Für diesen sind die 3 Millionen Eigenkapital. Bei einem Kredithebel von 10 nimmt er 30 Millionen Euro Kredit auf und erwirbt dann für 33 Millionen Euro Derivate. Mit einem Derivat werden Ansprüche auf die unterliegenden Basiswerte oder Underlyings erworben, für die nur ein Bruchteil des Wertes (ein Zehntel oder weniger) bei Abschluss der Transaktion hinterlegt werden muss. So kann mit der ursprünglichen Einlage von 1 Million Euro schließlich ein Portfolio mit einem Nominalwert von mehr als 330 Millionen Euro aufgebaut werden. Hohe Kredithebel wirken also als enormer Verstärker – auch im Negativen. Weil für den Handel mit Derivaten nur ein geringer Einsatz nötig ist, entstehen riesige Hebel. Das Londoner Analysehaus Lombard Street Research hat errechnet, dass die bei Derivaten möglichen Hebel dazu führen können, dass ein Preisverfall von nur 2 Prozent ein ganzes Hedge-Fonds-Portfolio auslöschen kann.